Berufliche Vorsorge (BVG)
  Anpassung Umwandlungssatz an die erhöhte Lebenserwartung
   
  Publiziert von Ka E. am 26.9.2015
   
  Zusammenfassung und Fazit
   
  Der gesetzliche Umwandlungssatz soll nach Beschluss des Ständerates von 6.8 auf 6.0 gesenkt werden. Mit dem Umwandlungssatz wird aus dem Altersguthaben die Höhe der minimalen BVG-Altersrente festgelegt.
   
  In einer Studie zeige ich auf, dass in der Praxis nur bei BVG-Minimalkassen heute eine Finanzierungslücke besteht, also ein Transfer von Mitteln von der Aktivgeneration zu den Rentnern erfolgt. In umhüllenden Kassen dürfte längst mit einem tieferen Umwandlungssatz gerechnet worden sein (oder hätte sollen!), heute wohl meist 5.8 und künftig mit 5.6. Vor allem Kassen mit hohen Leistungen wären sonst längst zahlungsunfähig geworden (Die Stiftungsräte haften persönlich bei fahrlässiger Geschäftsführung!)
   
  Das Problem stellt sich somit nur bei BVG-Minimalkassen d.h. bei einer Minderheit der versicherten Arbeitnehmer.
   
  Die Studie zeigt weiter, dass bei Senkung des Umwandlungssatzes auf 6.0 die Finanzierungslücke nicht eliminiert, sondern bloss reduziert wird. In der Modellrechnung 1 z.B. von CHF 24'709 auf CHF 8'236. Der Transfer von angesparten Altersguthaben der Aktivgeneration zu den Rentnern bei BVG-Minimalkassen geht somit weiter - wenn auch in vermindertem Umfang - bzw. die Finanzierungslücke muss weiter durch höhere Kapitalerträge oder freie Mittel der Pensionskasse gefüllt werden. 
  Um die tiefer werdenden Renten nachhaltig auszugleichen bzw. diese anzuheben, muss dies in der aktiven Zeit mit höheren Beiträgen (+ % versicherter Lohn), indirekt mit tieferem Koordinationsabzug oder durch eine längere Beitragsdauer (z.B. ab Alter 20, und/oder bis Alter 67), oder einer Kombination derselben erfolgen. Von höheren Beiträgen wäre jedoch nur eine Minderzahl von Arbeitnehmern und Arbeitgebern konkret betroffen, nämlich solche in BVG-Minimalkassen.
   
  Weil aber bei höheren Beiträgen ein höheres minimales Altersguthaben angespart wird, wird die Finanzierungslücke (mit Umwandlungssatz 6.0 gerechnet) in absoluten Zahlen grösser.
   
  Deshalb wird hier vorgeschlagen, den Umwandlungssatz schon in der anstehenden BVG-Revision auf 5.6 zu senken. Einerseits steigt die Lebenserwartung weiter und andererseits wird es bei sinkenden Kapitalerträgen immer schwieriger die Finanzierungslücke zu füllen.
   
  Die Modellrechnungen 4, 5 und 6 zeigen, dass mit einer Erhöhung der Beiträge kein Transfer von angesparten Altersguthaben der Aktivgeneration zu den Rentnern mehr erforderlich ist, und gleichzeitig die Rente praktisch auf die Höhe der bisherigen BVG-Minimalrente mit Umwandlungssatz 6.8 zu stehen kommt.
   
  Links-Mitte will die Senkung des Umwandlungssatzes zum Anlass nehmen, die gesamte AHV aufzustocken (vorerst für Neurentner). Dabei sind vom Problem nur relativ wenige Arbeitnehmer betroffen, nämlich diejenigen in BVG-Minimalkassen, wobei aber deren Rentenreduktion nicht einmal annähernd kompensiert wird (siehe Modellrechnungen 1 - 3).    
   
  Die von Links-Mitte vorgeschlagene Erhöhung aller AHV-Renten schiesst somit weit über das Ziel hinaus, und auch noch daneben, weil die Rentenreduktion nur in kleinem Ausmass ausgeglichen wird. Auch wenn es nur für Neurenten gelten soll, werden in wenigen Jahren wegen der demografischen Entwicklung alle AHV-Renten höher sein. Dies hat grosse Kostenfolgen für die gesamte Wirtschaft, und auch Auswirkungen in der Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Ausland (höhere AHV-Beiträge für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber, höhere Mehrwertsteuer für alle Konsumenten).
   
  Die Debatte zeigt, dass die BVG-Revision im regulatorischen und politischen Hickhack zu versinken droht. Nur wenige finden sich da noch zurecht. Der Blick auf das Wesentliche ist nicht mehr erkennbar.
   
  Was muss bzw. sollte der Gesetzgeber ändern in dieser BVG-Revision?   Eigentlich wenig:
   
  - Senkung des Umwandlungssatzes auf 5.6 für BVG-Minimalrenten (gleiche Höhe wie ihn umhüllende Kassen anwenden)
   
  Wenn die künftigen BVG-Minimalrenten auf früherer Höhe (mit Umwandlungssatz 6.8 gerechnet) bleiben sollen, bedarf es
  entweder
  - einer Erhöhung der Beiträge, indem der Koordinationsabzug um 20 % reduziert wird (Beitragssätze und Beitragsdauer gleich wie bisher Alter 25 bis 65 - Modellrechnung 4) (Vorschlag 1)
  oder
  - einer Erhöhung des minimalen Beitragssatzes um 2 % (also 9 / 12 / 17 / 20 % Beitragsdauer wie bisher Alter 25 bis 65 - Modellrechnung 5) (Vorschlag 2)
  oder
  - einer Ausdehnung der Beitragsdauer auf Alter 20 bis Alter 67 (Beitragssatz 7 / 10 / 15 / 18 % - Modellrechnung 6) (Vorschlag 3)
  Härten in der Übergangsgeneration (wenige Jahrgänge) werden gemildert durch die sukzessive Absenkung des Umwandlungssatzes, und indem die Kassen angehalten werden hiezu freie Mittel einzusetzen, oder wenn nicht vorhanden vorübergehend Zuschläge zu den Beiträgen einzufordern.
   
  Wahl zwischen Vorschlag 1 und 2 nach politischer Präferenz. Vorschlag 3 dürfte in Frage kommen, wenn gleichzeitig das AHV-Rentenalter auf 67 erhöht wird.