Zusammenlegung von Gemeinden und Kantonen
   
  Abgefasst und erstmals publiziert von Ka E. am 14.3.2011
   
 

In vielen Kantonen erfolgten in den letzten Jahren Gemeindefusionen. So wurden z.B. alle Gemeinden im Kanton Glarus (ich glaub mit Zufallsmehr) zu drei Grossgemeinden zusammengelegt, oder etwa Luzern mit seiner Vorortsgemeinde Littau, und viele Fusionen mit kleinen Gemeinden etwa in den Kantonen Bern, Aargau, Graubünden und vor allem in der französischen Schweiz und im Tessin. Aber wenn man näher recherchiert stellt man fest, dass recht viele Fusionsprojekte scheiterten oder auf Widerstand stossen. So stösst das Projekt  „Grossgemeinde Luzern“ mit 180‘000 Einwohnern zunehmend auf Widerstand. Oder etwa der Zusammenschluss von Unterseen, Matten und Interlaken wurde abgelehnt.

Auch von der Zusammenlegung von Kantonen ist die Rede. So wurde vor rund zehn Jahren die Zusammenlegung von Genf und Waadt zum Kanton Léman vorgeschlagen (= Zusammenlegung von „Feuer“ und „Wasser“!). Und immer wieder melden sich die Befürworter, welche Basel-Stadt mit Basel-Landschaft wieder zusammenführen möchten. Oder gar von einem Kanton Nordwestschweiz ist die Rede (zusätzlich mit Fricktal, Schwarzbubenland und ev. sogar Jura). Von der Zusammenlegung anderer Kantone, etwa die beiden Appenzell oder Ob- und Nidwalden, oder die Zusammenfassung von anderen Gebieten mehrerer Kantone (Kanton „Jurabogen“!) zu regionalen Einheiten hört man bloss gelegentlich etwas.

Die Administration und die Durchführung der Dienstleistungsfunktionen in der untersten politischen Einheit, der Gemeinde, werden immer komplizierter. Die Umsetzung von immer mehr neuen Gesetzen stellt höhere Anforderungen. Das nebenamtliche Personal in der Verwaltung der kleinen Gemeinden kann die qualifizierten Anforderungen nicht mehr erfüllen. Unter dem Gesichtspunkt der Effizienz macht die Zusammenlegung von kleinen Gemeinden, mit unter etwa 1500 Einwohnern, deshalb durchaus Sinn. Die Erfahrung zeigt aber, dass bei zunehmend grösseren Einheiten die Skalenerträge wieder sinken. Nach der Erfahrung wird hauptamtliches Personal beim Zusammenlegen nicht reduziert. Im Gegenteil, wegen erhöhtem Koordinationsaufwand muss das Personal tendenziell aufgestockt werden. Die Bürokratie nimmt zu. Beispiel ist die Grossgemeinde Basel-Stadt, wo eine überproportional grosse Verwaltung entstanden ist.

Die Geschichte der Schweiz ist die Geschichte der kleinen, überblickbaren Einheiten. Dorfgemeinschaften, Gemeindeversammlung, Talgemeinschaften mit Landsgemeinden. Durch die Zusammenlegung von Gemeinden und Kantonen werden die politisch Verantwortlichen immer weiter entfernt, sie werden quasi ausgedünnt. Das Milizsystem wird ausgehöhlt, der professionelle Politiker ist erforderlich. Der Gemeinderat, der in seinem Dorf durch die Strassen geht, oder dort überfallen wird, kümmert sich mehr um den Zustand seiner Strassen und um die Sicherheit in seinem Dorf. Die Zusammenlegung der technischen Dienstleistungen zu grösseren Einheiten macht dagegen aus Effizienzgründen durchaus Sinn, z.B. Feuerwehr.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Bildung von zentral verwalteten Grosskantonen nicht funktioniert hat, Helvetik – 10 Kantone. In der Mediation wurde dies wieder rückgängig gemacht (19 Kantone). Der Prozess der Aufsplittung in kleinere Einheiten ging weiter bis in unsere Zeit, Bildung von Halbkantonen, Abspaltung des Kantons Jura.

In Gross-Einheiten wird der Bürger immer mehr nur noch von fernen Stellen verwaltet. Das Land entwickelt sich zum Obrigkeitsstaat nach ausländischen Mustern.

Häufig wird erwähnt, die grössere Einheit hätte mehr politisches Gewicht. Dies kann ich nicht recht nachvollziehen. Etwa bei Verhandlungen mit dem Kanton?? Die Zahl der Stimmenden bleibt sich ja gleich. Im Gegenteil, ein Kanton Léman hätte nur noch 2 Ständeräte statt 4, 6 oder 8, ein Kanton Jurabogen noch 2 statt 4, 6 oder 8, ein Kanton Ostschweiz noch 2 statt etwa 8! Das fein austarierte föderalistische System der Schweiz käme ins Wanken…..öKommentare.